Vorerst gescheitert? Vorerst!

Sie haben vieles gemeinsam. Ohne einander kommen sie nicht mehr klar. Und schon gar nicht bekommen sie ohne einander Macht. Die deutschen Medien und Typen wie Guttenberg versauen sich gegenseitig. Und dabei geht Medienkultur hierzulande vor die Hunde. Das macht mir Angst.

Eine große Münchner Buchhandlung wird gerade befeuert, weil sie Guttenbergs Buch „Vorerst gescheitert“ nicht listet. Hut ab vor denen da in Bayern. Die hatten im übrigen schon Herrn Bohlen nicht in den Regalen.

Ob die hiesige Medienlandschaft auch eine „zweite Chance“ wie Guttenberg verdient, wie der sie gerade bei der EU bekommt? Nicht, wenn sie nicht bereit ist, sich zu bekennen. Und zu erkennen, dass sie weit weg von dem ist was wir bisher Journalismus nannten.

Guttenberg, das schicke ich vorweg, hat sie nicht verdient, weil er sich nicht bekannt hat und statt von Fehlern von Erfahrungen spricht. Trotzdem wird er bald als Held gefeiert werden. Es wird Medien geben, die ihm dabei helfen. Vor allem wird es Journalisten geben, die ihm helfen. Es glaubt doch wohl keiner an Zufall, dass aus einem „journalistischen“ Interview ein Buch wurde. Kurz vor der zweiten Chance ist es erschienen. Titel „Vorerst gescheitert“. Da fällt es schwer, an Zufall zu glauben.

In den deutschen Medien geht es um Quote und Auflagenhöhe und um Macht. Recherche und Nachrichten? Strategie und Meinung dominiert den hiesigen Journalismus, nicht ehrliche Recherche und neutrale Berichterstattung. Das macht sich auch an anderen als den „vorerst Gescheiterten“ fest.

Nehmen wir Steinbrück. Talkshow hier, Vortrag da, dann die Bilder mit Altkanzler Schmidt, dann das Buch mit den Bildern, dann endlich rufen Journalisten den Kanzlerkandidaten mit dem Buch mit den Bildern aus. Durch und durch die Szenerie dramaturgisch aufbereitet. Inszeniert vom Zufall oder von der „Zeit“, deren einer Herausgeber Altkanzler Schmidt ist? Übrigens neben anderen noch an diesem Coup Beteiligten.

Redaktionen und Verlage nicht als Wahrheitsfinder und Nachrichtengeber sondern PR-Agenturen. Das gilt für öffentlich rechtliches Fernsehen inzwischen genauso. Es geht um Quote und Macht. Da wird sich ein guter Kontakt zu einem zwar vorerst gescheiterten, aber aufstrebenden Politiker am Ende vielleicht doch bezahlt machen. Oder eben mit guten Bildern auf dem Buch eines zwar nicht gescheiterten aber aufstrebenden Politikers. Jedenfalls schon auf dem Weg dahin, denn immerhin: fast die Hälfte der wahlberechtigten Deutschen möchte Guttenberg gerne als Held der Politik feiern. Und der wahlberechtigte Deutsche ist eben der Zeitungskäufer am Kiosk und der Quotenmacher der Quasselbühnen im Abendprogramm.

Angesichts solchen Verfalls der Sitten darf nicht wundern, wenn die andere Hälfte der wahlberechtigten Deutschen die Türen hinter sich schließt. Und die Augen. Und die Ohren.

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